
Dienstag, 30. Juni 2009 / Mardi, 30 juin 2009
Symposien gross / Symposiums longs 08.30 – 12.00
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sam zu konstruieren – und wie nutzt die Schülerin oder der Schüler das individuell
ausgerichtete Lernangebot unter der Bedingung eines asymmetrischen Wissensver-
hältnisses (Becker-Mrotzek & Vogt, 2001)?
Ausgewählte tutorielle Dialoge wurden in Bezug auf Fragestellungen zum Thema
„Lehren und Lernen von Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen in tutoriellen Si-
tuationen“ mit dem Ziel, ko-konstruktive Gesprächsmuster beschreiben zu können,
analysiert. Ein ko-konstruktives Gesprächsmuster zwischen zwei Beteiligten (Lehr-
person-Schülerin/Schüler) zeichnet sich dadurch aus, dass innerhalb einer Ge-
sprächssequenz auf beiden Sprechseiten substantielle Gesprächsbeiträge gemacht
werden indem der jeweils vorangegangene Beitrag durch eine eigene Weiterent-
wicklung (Elaboration) ergänzt und damit eine lernförderliche Umgebung (Hogan et
al., 2002) geschaffen wird.
Um Einblick in die Kommunikationsstrukturen tutorieller Dialoge zu bekommen, wur-
den die Gesprächsbeiträge auf beiden Sprechseiten untersucht. Anschliessend wur-
den unter Berücksichtigung der Interaktion sequentiell die Gesprächsmuster be-
stimmt. Die vorgefunden Gesprächsmuster werden in einen vergleichenden Zu-
sammenhang mit den erreichten Testergebnissen der Schüler gebracht. Dadurch
können Hinweise gewonnen werden, durch welche spezifischen Kommuni-
kationsstrukturen Lernprozesse in tutoriellen Situationen von Lehrpersonen lernför-
derlich begleitet und unterstütz werden können.
Literatur
Becker-Mrotzek, M. & Vogt, R. (2001). Unterrichtskommunikation – Linguistische
Analysemethoden und Forschungsergebnisse. Tübingen: Max Niemeyer Verlag.
Chi, M. T. H. (2001). Learning from human tutoring. Cognitive Science, 25 (2001),
471-533.
Hogan, K., Nastasi, B. K. & Pressley, M. (2000). Discourse Patterns and Collabora-
tive Scientific Reasoning in Peer and Teacher-Guided Discussions. Cognition and
Instruction, 17(4), 379-432.
Pauli, Ch. & Reusser, K. (2000). Zur Rolle der Lehrperson beim kooperativen Ler-
nen. Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften, 22(3), 421-442.
Platon, Übersetzung u. Kommentar v. Manuwald, B. (1999). Protagoras. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht.
Wuttke, E. (2005). Unterrichtskommunikation und Wissenserwerb. Frankfurt am
Main: Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften.
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Wie notwendig ist eine Theorie des Lehrens? –
Implizite Handlungsorientierungen von Lehrper-
sonen und deren Theoretisierung
Unterrichtsforschung – Bildungstheorie –Theorie des Lehrens –
Professionalisierungstheorie – Kompetenztheorie – Lehrerbildung
Vorsitz und Einleitung:
Scheid, Claudia
Pädagogische Hochschule Bern und Universität Potsdam
claudia.scheid@phbern.ch
Diskutanten:
Beck, Erwin
Pädagogische Hochschule des Kantons St. Gallen
Erwin.Beck@phsg.ch
Wernet, Andreas
Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Hannover
Einleitung
Schon 1977 formulierte Ewald Terhart provozierend „Es gibt keine Lehrtheorie!“.
2002 bestätigt Ulrich Oevermann diesen Ausruf: die „Struktur des Handlungsprob-
lems, vor das der Lehrberuf gestellt ist“ sei ungenügend durchdrungen. Auch die im
aktuellen wissenschaftlichen Diskurs und in der politischen Rahmengebung dominan-
ten Kompetenztheorien leiden unter einem Theoriemangel, so jedenfalls Jürgen
Baumert 2006. Ihnen fehle eine Metatheorie, welche die Auswahl der Kompetenzpro-
file und Standardgruppen zu begründen erlaube. Und Andreas Gruschka kommt
2005 zum Schluss, dass eine „Theorie des Unterrichtens“ dringend benötigt wird.
Im geplanten Symposium sollen empirische und theoretische Beiträge diese seit lan-
gem andauernde und offenbar kaum einer Klärung zugeführte theoretische „Notlage“
aufgreifen und Perspektiven ihrer Bewältigung diskutieren. Dabei interessiert insbe-
sondere die Frage, inwiefern sich die Notwendigkeit einer „Theorie des Lehrens“
womöglich gerade auch in einer sich vollziehenden Praxis zeigt oder ob davon aus-
zugehen ist, das Unterrichten bedürfe keiner elaborierten Theoriebildung, wie Elmar
Tenorth es mit seiner Gegenüberstellung von „Ratlosigkeit der Theorie“ und „gelin-
gender Praxis“ 2006 andeutete. Woran orientieren sich die Lehrpersonen in ihrer
Praxis? In der Theoriedebatte jedenfalls scheint unklar, was der Bezugspunkt, mit
anderen Worten, was der „Fall“ professionalisierten Lehrhandelns ist.
In den empirischen Beiträgen werden handlungsleitende Orientierungen von Lehr-
personen rekonstruiert und theoretisch diskutiert. Die Vortragenden ergründen, auf
welchem impliziten Verständnis des Lehrens eine Praxis aufruht, welcher „Theorie“
gewissermassen eine Lehrperson handelnd folgt.
Darauf basierend diskutieren sie, in welchem Verhältnis dieses Verständnis zu unter-
richtlichen Notwendigkeiten, wie die jeweiligen Vortragenden sie theoretisch entwer-
fen, steht. Die auf möglichst lückenlose Nachvollziehbarkeit angelegten Präsentatio-
nen von Analysen und die knapp gehaltenen Theoretisierungen bilden die Grundlage
für die Diskussion.
Die Diskutanten greifen die empirischen Auswertungen und deren Theoretisierungen
auf und beziehen diese auf die aktuellen Debatten um Charakteristiken bzw. Struktu-
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