
Mittwoch, 1. Juli 2009 / Mercredi, 1er juillet 2009
Symposien klein / Sympsiums courts 10.30 – 12.00
312
Kooperation zwischen Lehrpersonen und Schulen als Handlungskoordination.
Empirische Analysen
Kooperation, Lehrpersonen, Schule, Handlungskoordination
Vorsitz und Einleitung:
Maag Merki, Katharina
Universität Zürich, Pädagogisches Institut
kmaag@paed.uzh.ch
Diskutant:
Steinert, Brigitte
Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Frankfurt/Main, DIPF
Einleitung
In vielen aktuellen Reformprojekten und Bildungsinnovationen bilden Kooperationen
zwischen Lehrpersonen oder Schulen wesentliche Schwerpunkte. Es wird angenom-
men, dass sie einen positiven Effekt auf Organisations- und Entwicklungsprozesse in
den Schulen und auf wichtige Dimensionen schulischer Qualität haben. Über den sys-
tematischen Austausch sollen Unterrichts- und Schulprozesse verbessert und für das
Lernen der Schülerinnen und Schüler produktiv genutzt werden. Basis für diese Über-
legungen ist die These, dass Schule nicht einzig als „räumlicher“ Zusammenschluss
von mehreren Lehrpersonen zu verstehen ist, die mehr oder weniger für sich alleine
ihren Unterricht planen und durchführen. Vielmehr werden auf der Basis theoretischer
und empirischer Erkenntnisse Schulen als Handlungs- und Gestaltungseinheiten (Fend,
1986) und lernende Organisationen (Argyris & Schön, 1999) verstanden, in denen die
verschiedenen Akteure, insbesondere die Schulleitung und die Lehrpersonen in Zu-
sammenarbeit mit den Schüler/-innen und Eltern, ein gemeinsames Profil erarbeiten,
Schulprogramme erstellen, Schulentwicklungsmaßnahmen ergreifen, umsetzen und
evaluieren, um optimale Lernumgebungen für das Lernen der Schüler/-innen und das
Arbeiten der Lehrenden herzustellen. Schule ist damit mehr als ein „räumlicher“ Zu-
sammenschluss. Schule ist eine institutionelle und organisatorische Einheit, definiert
durch gesetzliche und reglementarische Vorgaben und gestaltet durch die verschiede-
nen Akteure, die erst dann die ihr zugewiesenen Ziele erreichen können, wenn die ver-
schiedenen Akteure hierzu in einen gemeinsamen Dialog und Austausch treten.
Die Kooperation zwischen Lehrpersonen und Schulen scheint damit als zentrale Er-
folgsstrategien schulischer Qualitätsentwicklung zu gelten. Allerdings sind Kooperatio-
nen im schulischen Alltag entsprechend der Ergebnisse einschlägiger Studien nur be-
grenzt realisiert, wobei die Häufigkeit in den verschiedenen Schulstufen oder Fachzu-
sammenhängen variiert (vgl. beispielsweise Gräsel, Fußangel & Pröbstel, 2006; Hol-
tappels, 1999; Steinert et al., 2006). Aufgrund der tendenziell positiven Befunde, die auf
die Bedeutung von Kooperation für die Erreichung einer hohen Schulqualität hinweisen
(Maag Merki, 2009; Halbheer, Kunz & Maag Merki, 2008; Johnson & Johnson, 2003;
Krause, 2007; Maag Merki & Steinert, 2006; Scheerens & Bosker, 1997; Steinert, Hartig
& Klieme, 2008; Dedering, 2007), ist zu fragen, wie Schulen und Lehrpersonen Koope-
ration als Handlungskoordination gestalten, welches Erklärungsmuster sind für die ak-
tuell nur begrenzt realisierte Kooperation zwischen Lehrpersonen oder Schulen und
Mittwoch, 1. Juli 2009 / Mercredi, 1er juillet 2009
Symposien klein / Sympsiums courts 10.30 – 12.00
313
welche Konsequenzen für die Umsetzung in der Praxis aus den entsprechenden Er-
kenntnissen gezogen werden können. Hierzu liegen erst einzelne empirische Analysen
und Ergebnisse vor (z.B. Lorti, 1975; Altrichter, 1996; Steinert et al., 2006). Aus diesem
Grund werden diese drei Fragen in diesem Symposium auf der Basis von drei empiri-
schen Studien bearbeitet und diskutiert. In der Studie von Werner et al. wie auch in der
Studie von Kunz & Halbheer beziehen sich die Ergebnisse auf die Kooperation zwi-
schen Lehrpersonen in der Einzelschule. In der Studie von Emmerich et al. wird die
Kooperation zwischen Schulen bzw. außerschulischen Institutionen untersucht.
Literatur
Altrichter, H. (1996). Der Lehrberuf: Qualifikationen, strukturelle Bedingungen und Pro-
fessionalität. In W. Specht & J. Thonhauser (Hrsg.), Schulqualität. Entwicklungen,
Befunde, Perspektiven (S. 96-172). Innsbruck: Studien Verlag.
Argyris, C. & Schön, D. (1999). Die lernende Organisation. Grundlagen, Methode, Pra-
xis. Stuttgart: Klett-Cotta.
Dedering, K. (2007). Schulische Qualitätsentwicklung durch Netzwerke. Wiesbaden: VS
Verlag.
Fend, H. (1986). „Gute Schulen – Schlechte Schulen“. Die einzelne Schule als pädago-
gische Handlungseinheit. Deutsche Schule, 78(3), 275-293.
Gräsel, C., Fußangel, K. & Pröbstel, C. (2006). Lehrkräfte zur Kooperation anregen -
eine Aufgabe für Sisyphos? Zeitschrift für Pädagogik, 52(6), 205-219.
Halbheer, U., Kunz, A. & Maag Merki, K. (2008). Kooperation zwischen Lehrpersonen
in Zürcher Gymnasien: Eine explorative Fallanalyse zum Zusammenhang zwischen
kooperativ-reflexiven Prozessen in Schulen und schulischen Qualitätsmerkmalen.
Zeitschrift der Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 28(1), 19-35.
Holtappels, H. G. (1999). Neue Lernkultur - veränderte Lehrerarbeit. Forschungsergeb-
nisse über pädagogische Tätigkeit, Arbeitsbelastung und Arbeitszeit in Grundschu-
len. In U. Carle & S. Buchen (Hrsg.), Jahrbuch für Lehrerforschung. Band 2 (S. 137-
151). Weinheim: Juventa.
Johnson, D. W. & Johnson, R. T. (2003). Training for cooperative group work. In M. A.
West, D. Tjosvold & K. G. Smith (Hrsg.), International Handbook of Organizational
Teamwork and Cooperative Working (S. 167-184). West Sussex: Wiley.
Lortie, D. C. (1975). Schoolteacher. A Sociological Study. Chicago: The University of
Chicago Press.
Krause, U.-M. (2007). Feedback und kooperatives Lernen. Münster: Waxmann.
Maag Merki, K. (Hrsg.), (2009). Kooperation und Netzwerkbildung. Strategien zur Quali-
tätsentwicklung in Einzelschulen. Seelze: Klett-Kallmeyer
Maag Merki, K. & Steinert, B. (2006). Die Prozessstruktur von teilautonomen Schulen
und ihre Effektivität für die Herstellung optimaler Lernkontexte für schulische Bil-
dungsprozesse. Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften,
28(Sondernummer), 103-122.
Scheerens, J. & Bosker, R. J. (1997). The foundations of educational effectiveness.
Oxford: Pergamon.
Steinert, B., Hartig, J. & Klieme, E. (2008). Institutionelle Bedingungen sprachlicher
Kompetenzen. In DESI-Konsortium (Hrsg.), Unterricht und Kompetenzerwerb in
Deutsch und Englisch. Ergebnisse der DESI-Studie (S. 411-450). Weinheim: Beltz.
Steinert, B., Klieme, E., Maag Merki, K., Döbrich, P., Halbheer, U. & Kunz, A. (2006).
Lehrerkooperation in der Schule. Konzeption, Erfassung, Ergebnisse. Zeitschrift für
Pädagogik, 52(2), 185-204.
Comentários a estes Manuais